Offen und kleinmütig eingestanden: Mittlerweile werde ich von starken Minder-wertigkeitsgefühlen heimgesucht und bereits geplagt, weil ich bestimmte Sondersprachen unserer Gesellschaft nicht mehr checke und auch beim besten Willen nicht checken kann, kurzum kein Checker bin. Ja, im Grunde weiß ich nicht mal, was ein Checker ist. Und das, obwohl mir das Checken des Lateinischen – großes Latinum selbstverständlich – und Altgriechischen, abgesehen von den Knüppeln der lüsternen und dem geistigen Checken abholden Pubertät, die man mir böswillig zwischen die Beine warf, kaum Schwierigkeiten bereitete.
Aber heute bin ich, wie es aussieht, zu wenig upgedated, downgeloaded, nicht mehr reloadbar und gehöre eigentlich längst outgesourced.
Ha, wie gelegen kommt mir da doch, heissa und rein eigenkompensatorisch-wohlwollend, die Sprache der Fußballer nach einem Spiel.
Was heißt Spiel, sollte wohl besser heißen, nach einem respektablen Geschäft.
Noch dazu, wenn dieses Spiel-Geschäft soeben – scheinbar .- gewonnen wurde und die Spieler-Geschäftsleute mit Statements, was auch immer das sein mag, vor die Mikrophone mit daran gebauter Kamera treten.
Gelegen erst mal, weil diese Sprache deutsch ist und daher von jedem Deutschen einschließlich der Migrantendeutschen, ja in erster Linie von diesen, zunächst rein phonetisch verstanden wird. Zweitens, weil sie auch semantisch den Zuhörer nicht über die Maßen fordert. Mit der Syntax ist es da schon etwas schwieriger. Die ist nicht jedermanns Sache, weil sie sehr anspruchsvoll ist und bisweilen sogar den berühmten Kryptiker Rolf Miller in den Schatten stellt.
Wäre doch homerisch gelacht, ließe sich dort nicht etwas finden, das mich in meiner qualvollen Einfalt wieder ein wenig aufrichtet.
Erinnern wir uns jedoch zuerst der Verlautbarung eines gewissen Herrn Walser, des Fischers vom Bodensee: Es gibt etwas, das noch sinnloser ist als Fußball: das Nachdenken über Fußball. Sowie der des österreichischen Salonphilosophen und Kaffehausschriftstellers Franzobel: Fußball ist perfekte Geistentleerung.
Nun, allzu sehr wollen wir wirklich nicht nachdenken. Aber probieren wir uns doch mal in einer kurzen philologischen Kasuistik um Validisierung genannter Thesen – solange wir nicht wirklich darüber nachdenken.
… haben wir in der Gesamtheit doch ein schönes Spiel gezeigt…
Wie denn, was denn? Wiesen wir nicht soeben nach, dass bei einem Geschäft, nicht mal bei Monopoly, von Spiel nicht die Rede sein kann? Räumt ihr Fußballer durch die Begriffsverbindung „in der Gesamtheit doch“ nicht ein, dass ihr dieses Geschäft verloren habt und nun nur ein Spiel draus machen wollt, ein schönes noch dazu? Ein verlorenes Geschäft ist kein Spiel, ein schönes schon überhaupt nicht.
… konnten wir sie dann doch noch schlagen…
Tut man das? Alle Innenminister der Republik bannen die Gewalt, und ihr schlagt? Ausgerechnet ihr, die sich das Motto Fairness auf die Fahne geschrieben haben. Außerdem habt ihr dafür euere Auxiliartruppen, die Hooligans. Die schlagen doch ordentlich.
… dass dann, ja, ich glaube… hm, in der 99. Minute vor der Halbzeit, … es gelang, den Ball in die Luft, ähh, ins Tor… ja, zu schießen…
(Kommentar von der Redaktion entfernt)
… wenn nicht der gegnerische Sturm pausenlos…
Wenn das Wörtchen wenn nicht wär´, wär mein Vater Millionär. Aber das seid ihr ja sowieso und schon längst. Außerdem: Wer Wind sät. wird Sturm ernten. Habt nicht ihr angegriffen? Wer angreift, braucht sich nicht zu wundern, wenn ihm ein harter Wind ums Gesicht weht. Pausenlos? Warum sollten die, die genauso fürstlich bezahlt werden wir ihr, nicht auch was tun für ihr Gehalt?
… durch die hervorragende Zusammenarbeit des Einen mit dem Anderen in der Mannschaft konnten wir den schönen Spielerfolg für uns verbuchen…
Schon wieder Spiel, wenn es nachgewieseneremaßen ums Geschäft geht, und zwar einzig und allein!
Wie wäre es ausgegangen, wenn der Andere mit dem Einzelnen zusammengearbeitet hätte? Dass der Eine mit dem aus der anderen Mannschaft zusammenarbeitet, ist zudem genüglich bekannt.
Von wegen Arbeit! Sagt das mal einem Steinbrucharbeiter.
Aber seien wir nachsichtig mit denen, die der Nachsicht nicht würdig sind.
In welchem Spiel spielt der Eine mit dem Anderen zusam-men, außer es geht um ein Betrugsspiel wie Pokern oder Schwarzer Peter? Und um wieviel mehr, wenn es ein Geschäft ist?
Und: Ihr habt dieses Spiel nicht gewonnen, sondern verloren, das könnt ihr tausendmal rumdrehen, damit euere Anhänger euch das glauben, was übrigens keine Kunst ist, weil die alles glauben, selbst wenn es von einem Ochsen kommt. Deshalb gründet ihr auch die Fan- und Hooliganclubs, die euere Stellvertreterkrieg führen mit Rauch- und Stinkbomben.
Besonders gravierend erscheint, jedoch, dass sich mittlerweile Fußballer und Euro-Politiker in dieser Tragikomödie der Geistentleerung gegenseitig befruchten und sogar zu übertreffen versuchen, wobei es sehr schwer fällt, überhaupt von Geist zu sprechen, denn: wo kein Geist, da auch keine Entleerung. Vielleicht sollten sie es mal auf der Latrine probieren.
Am Ende wird man noch x plus Institute zur Erforschung euerer geistigen Ergüsse gründen müssen, in denen arbeitslose Fußballwissenschaftler ihren unnötigen Senf zu euren Banalitäten verscherbeln. Auch ein Geschäft und kein Spiel im Sandkasten.
Haben wir jetzt doch nachgedacht? Dann wollen wir die Gedanken ganz schnell in Augias´ Stall befördern.
Die endgültige Wahrheitsfindung frei nach Pontius Pilatus überlassen wir dem geschätzten Leser.