Verantwortung fußt auf Verpflichtung oder umgekehrt. In der Regel sind das Verpflichtungen, die aus besonderen Verhältnissen der Gegenseitigkeit resultieren: In der Ehe, der Familie, in Vertragsverhältnissen des Geschäfts- und öffentlichen Lebens.
Verantwortung ist ein Grundpfeiler sowohl von Ethos als auch von Jus, wenngleich diese beide Pole, die eigentlich zusammengehören sollten, mitunter weit auseinanderdriften.
Grundlage ist der moralische Verhaltenskatalog, erstmalig manifestiert im Dekalog, also den biblischen Zehn Geboten, gewachsen in Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden Menschheitsgeschichte. Daraus entwickelten sich normative Richtlinien, die ständig weiterentwickelt und als Gesetze schließlich verbindlich wurden für den Einzelnen und sein Verhalten in der Gemeinschaft.
Die katholische Kirche kennt das Prinzip des do ut des: Ich gebe und erwarte, dass du auch gibst.
Im weitesten Sinn also die positive, soziale Gabe.
Nicht zu verstehen als das vulgo gern verwendete negative Wie du mir, so ich dir, die Vergeltung.
Eher schon im Sinn des falsch übersetzten und dann auch bewusst irreführend gebrauchten alttestamentarischen Auge um Auge. Denn das heißt richtig Auge für Auge, hebräisch ayin tachat ayin und meint, weil dem gläubigen Juden die blindwütige Rache verboten ist, nicht das gegenseitige Augenausstechen, sondern die Wiedergutmachung für den Fall einer (körperlichen) Verletzung.
Weil man nämlich ein ausgestochenes Auge nicht ersetzen kann, ist der finanzielle Ausgleich oder eine andere Form der Unterstützung des Geschädigten aus der gesellschaftlichen Verantwortung heraus gemeint, die geeignet ist, den Zustand vor der Schädigung annähernd wiederherzustellen.
Neuerdings stehen zwei Formen der Übernahme von Verantwortung immer wieder und in immer neuen Facetten im Focus der öffentlichen Diskussion.
Beginnen wir mit dem sogenannten „Generationenvertrag“. Vorausgeschickt sei, dass ein Vertrag im Zivilrecht nach dem BGB ein gegenseitiger Vertrag ist, eine Vereinbarung zwischen zwei Parteien. Jetzt nur nicht stöhnen über den Koalitionsvertrag, denn der hat weder mit Ethos noch mit Jus zu tun, sondern mit Politik.
Der eine Vertragspartner sind die Alten. Wir nennen sie zuerst, weil sie Vorleistung erbracht haben.
Gut, sie haben den Nachwuchs gezeugt. Das ist nicht unbedingt eine Vorleistung, sondern oft eher eine Dummheit gewesen, die sie wenig später bereuten. Aber dann war er halt doch da, der Nachwuchs.
Die jungen Eltern nahmen Abschied von der Sorglosigkeit ihrer Jugend, die sie in diese Situation gebracht hatte und bemühten sich nach Möglichkeit, dass es ihr Kind besser haben würde als sie selbst, wobei sie allerdings oft genug und gehörig übers Ziel hinausschossen.
Denn kaum flügge geworden schreien die Anderen, der Nachwuchs, vornehmlich geschniegelte Kahlkopf-Yuppies, die BWL „studieren“, weil´s für Wirtschaftswissenschaften nicht ganz reicht im Kopf oder wegen mangelhafter Arbeitshaltung, oder aufgepuppte Lieschen, die noch nie fleißig waren, sie müssten heute schon für die Rente ihrer Eltern sorgen, obwohl sie sich noch immer von diesen und den Großeltern ihre Autos und Wohnungen bezahlen lassen. Sie wissen das aber so wenig wie sie überhaupt wissen, was sie tun oder tun sollen vor lauter Langeweile.
Lauthals unterstützt werden sie dabei von denen, die die Alten am liebsten bei Rot über die Kreuzung schicken würden, weil sie deren Rente längst verbrannt haben.
Verträge müssen eigenhändig unterschrieben werden. Doch nicht mal das können sie noch, weil sie nur allen möglichen Unsinn in ihre Taschen-TV-Kino-Audio-Plapper-Wischcomputer reintippen.
Wenn aber schon, dann ist die Grundlage für eine eventuelle Vereinbarung zwischen den Generationen das Vierte Gebot im o.g. Dekalog, wo es heißt: Du sollst Vater und Mutter ehren, damit es (auch) dir (später einmal und lange) gut gehe.
Der Zeit angepasst müsste es heute heißen … weil sie dich über alle Maßen verzogen haben.
Das ist aber beileibe kein Grund, jetzt den Spieß umzudrehen, daraus einen einseitigen Generationenvertrag zu basteln und sich aus der eigenen künftigen Verantwortung zu stehlen. Aber sowas lernen sie halt im BWL-Studidumm und auf Hedonistenparties, wo Egomania Kultstatus hat.
Vorschlag, ihr Herrchen und Dämchen: Statt auf die loszugehen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, packt gefälligst die Politganoven euerer eigenen Generation am Schlafittchen, die wie ihre Vorgänger nichts anderes im Sinn haben als jetzt schon euere künftigen Rentenansprüche börsenmäßig zu vergeigen.
So, der Herr, um den es nun noch gehen soll, entstammt der Generation der Vorleister, trug einst als Pastor unter widrigen Umständen Verantwortung für eine kleine Herde Schäfchen im Osten und ist jetzt Bundespräsident. Nur damit man sieht, dass nicht einseitig zu Lasten der jungen Generation polemisiert wird.
Wir Deutschen müssten mehr Verantwortung tragen in der Welt, meint er.
Noch mehr, Mann? Haben Sie verschlafen, was wir schon längst alles tragen, Bürger Präsident? Wie lange wir schon am Hindukusch sind wegen unserer Freiheit? Auf dem Balkan? Mit unseren Panzerkreuzern auf den Weltmeeren? Brüderlich in gemeinsamer Spionage vereint mitten im Herzen der NSA? Beim Iwan unterm Diwan? Als Automobilkonzerne in China? Als Deutsche Bank bei den globalen Finanzgangstern? Und nicht zuletzt das, was man gerne den Chinesen unterschiebt: Wie fröhlich wir nicht nur durch´s www, sondern in allem, was wirtschaftlich und militärisch interessant, vor allem aber profitabel sein könnte, rumcybern?
In der Ukraine waren wir vor etwa 70 Jahren schon mal. Hat dann nicht ganz geklappt, also da capo mit Hurräh! Damit der Landser wieder Verantwortung übernehmen kann: Ich hatt´ einen Kameraden. Die EU, die Kriege in Europa verhindert, sind schließlich WIR, wer sonst?
Für die Mondkälber könnten wir auch noch Verantwortung übernehmen. Aber halt, die geben keine Milch und nicht mal Wolle. Abblasen! Lohnt sich nicht, tätärätätäää!
Doch Sie, Bürger Präsident, könnten endlich Ihre Lebensgefährtin heiraten, damit sie gesetzlichen Anspruch auf Ihre Verantwortung hat.