Wenn Duplexäpfel zu swingen beginnen

Von Jürgen Leykamm – Donaukurier vom 22.03.2010
Greding (HK) Der Thalmässinger Schriftsteller Willi Weglehner hat in der Nachbargemeinde den Kultursommer eröffnet. Er las in Greding „biosophische Schelmereien“.

Wenn Willi Weglehner einige bis dato unveröffentlichte Texte in seiner Schublade bis zur vollen Geschmacksentfaltung vor sich hin gären lässt, um sie dann bei einem gemeinsamen Auftritt mit „Frankens einziger Swingpianistin“ Hildegard Pohl aus Nürnberg zu präsentieren, dann kann solch ein Abend nur etwas Besonderes werden. So geschehen in Greding, wo das ungleiche Duo den dortigen Kultursommer eröffnete.

Das Publikum im Rathaus wusste dabei zunächst nicht so ganz, was es erwartete. Zumal Weglehner seine Beiträge des Abends mit „biosophische Schelmereien“ überschrieb, was nicht so leicht zu entschlüsseln war. Und auch Pohl als begnadete Musikerin mit stark kabarettistischem Einschlag machte es spannend. So begann sie zwar den Abend mit einer fröhlichen Frühlingsweise von Anton Dvorák, doch sie spielte sie so, „dass Sie den Swing ein bisschen spüren können“, erklärte sie vorneweg. Und den spürte man auch – und nicht nur den, sondern auch den Blues und den Boogie noch dazu.

Im wahrsten Sinn des Wortes „vielfältig“ ging es dann auch im ersten Text Weglehners zu, der seine Gedanken zum Thema „Klonen“ in einer Erzählung freien Lauf ließ. Ohne moralischen Zeigefinger machte er deutlich, was denn so passieren könnte, wenn der Mensch plötzlich auf ein absolut mit ihm identisches Gegenüber trifft.

So quartieren sich im Hause des Ehepaares Adam und Eva Simplex erst Adam und Eva Duplex und dann noch die Triplex- und Quattroplex-Varianten aus dem gleichen Genpool mit ein. Da bleibt dem Simplex-Pärchen nur noch die Flucht auf eine einsame Südseeinsel. Doch in deren Mitte steht ein verführerischer Baum, in dessen Blätterwerk sich ein längliches, glitschiges Tier windet und Eva einen „Duplexapfel“ anbietet. Aber sie und Adam schreiben die Menschheitsgeschichte neu und lehnen dieses Mal dankend ab.
Dem paradiesischen Archetyp hielt Pohl, auch als „wilde Hilde“ bekannt, dann die Archetypin der Blondine entgegen. Ihr eigenes Blondsein verteidigte sie auf musikalisch-kabarettistische Weise recht gekonnt und gab mit ihrem kämpferischen Lied die rechte Vorlage für Weglehners nächsten Text, der sich den „Revoluzzern“ widmet. Mit einer gehörigen Portion geläuterter Rückschau – schließlich war er selbst mal bekennender Maoist. Die Zeiten sind lang vorbei und auch die leicht zynische Hommage an die 68er-Bewegung mit ihren „Sit-ins und Rotwein-ins“. Weglehner redet schließlich einer „gemäßigten Revolution“ das Wort. Anarchisch denken ist erlaubt, solange man die Oma zu Hause redlich versorgt.

Doch Weglehner blickt in seinen Texten nicht nur zurück, sondern auch nach vorne. Weit nach vorne ins Jahr 2114, als die Klimakatastrophe Italien und Spanien unter einer Eisdecke und Deutschland im Meer begraben haben lassen wird. Das kommt davon, wenn man die Schmerzen von Mutter Erde nicht ernst nimmt und keinen Frauenarzt holt, lässt der Dichter schelmisch durchblicken.
Dann zeigte die „wilde Hilde“, was sie wirklich draufhat und spielte ein Medley Melodien, die aus den Reihen des Publikums gewünscht wurden. Zum Höhepunkt des Abends gab es dann noch zwei gemeinsame Stücke, bei denen der ehemalige Windsbacher Chorknabe zeigte, dass er nichts verlernt hat. Einem fetzigen Ray-Charles-Stück folgte ein dahingeschmolzenes „Let it be“, das den Abend beendete.
Dass der gemeinsame Auftritt überhaupt zustande gekommen ist, dazu hatte eine E-Mail genügt, die Weglehner an Pohl geschrieben hatte. Eine E-Mail an Weglehner – die Adresse ist auf seiner Website www.willi-weglehner.de zu finden – indes würde genügen, die zum Auftakt des Gredinger Kultursommers vorgetragenen Texte kostenlos auf den eigenen PC geschickt zu bekommen, wie er selbst versicherte.