Ein Übel unserer Zeit ist die Schwierigkeit, sich zu verstehen. Nicht im Sinn von Friede, Freude und Eierkuchen. Nein, sondern wegen der babylonischen Sprachverwirrung. Es wird auch nicht Gegenstand der folgenden Gedanken sein, die sowieso nicht aufzuhaltende Anglisierung unserer sterbenden Sprache zu geißeln. Nicht einmal das Mysterium um das schöne deutsche Wort „Nachhaltigkeitsfaktor“ soll endlich gelüftet werden, sondern schlicht und einfach, was ein „Göpel“ ist.
Ochs und Esel spielten bekanntlich ohne Murren im größten Werk der Weltliteratur eine gütige, friedenbringende Rolle an ihrer Krippe, die zeitweise – aus ihrer Sicht freilich nur – von einer Art Fremdkörper belegt war.
Langer Vorrede kurzer, an dieser Stelle erst mal reiner Wort-Sinn: In einem Göpel werden Ochsen oder Esel, oft mit verbundenen Augen, damit sie nicht damisch werden, im Kreis getrieben, um Wasser zu schöpfen. Könnten auch andere Güter sein. Man treibt sie auch nicht nach dem Humanprinzip „Zuckerbrot und Peitsche“, sondern nur mit der Peitsche.
Geben Sie also bitte Acht, wenn Sie demnächst in einen Kreisverkehr einfahren. Da kommt manch einer nicht so schnell wieder raus.
Während die Peitsche als pädagogisches Prinzip bei Tieren gebrächlich ist, herrscht beim Umhertreiben der Spezies Homo Sapiens noch immer das Zuckerbrot vor.
Das „System“ oder „Gebäude“ Gemeinwesen wird gerne anhand des Aufbaus einer Pyramide verbildlicht: Dem Himmel nahe, verzückt und die Wohltätigkeitsharfe zupfend, weben, streben und räkeln sich Ihre hochwohlgeborenen Wenigkeiten, die Zuckerbrotgeber.
Gleich darunter haben die Zuckerbrotgebererfüllungsgehilfen, besser bekannt unter den Bezeichnungen Christ-, Sozial-, Frei- oder andere Spezialdemokraten von links bis rechts genügend Platz, sich breitzumachen.
Die solide gemauerte Basis, das Fundament des Monstrums, das gemeinhin Sozialstaat oder gestylter, sprich gegelter und ausgedünnter Wasserkopf genannt wird, stellen die Zuckerbrotnehmer. Diese sind in großer Masse vorhanden. Das macht sie gut zuckerbrotbehandelbar. Im Fall der äußersten Not der Himmelsnahen muß leider auch mal zur Peitsche gegriffen werden, weil die Verhaltensforscher wissen, daß Homo Sapiens und Ochs und Esel sich nur unwesentlich voneinander unterscheiden.
Für das gedeihliche Zusammenwirken von Zuckerbrot und Peitsche seien drei Beispiele genug: Im bayerischen Wahlkampf wurde massiv mit der Wiedereinführung der Pendlerpauschale geliebäugelt. In Berlin hingegen schloß sich die CSU der fundierten Argumentation der Kanzlerin an.
Weiter: Was versteht ein Zuckerbrotnehmer von den Geschäften der Bayern- oder anderer LB´s ?
„Es ist den Untertanen bei Strafe verboten, den Maßstab ihrer beschränkten Einsichten an die Handlungen der Obrigkeiten zu legen.“ formulierte es bereits Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg teffend.
Und drittens: Geradezu genial ist die Streichung der Zuschüsse für Brillen: Damit setzt man nicht nur den Durchblicker schachmatt, sondern auch den Halbblinden, der ein herannahendes Automobil für die zu Besuch erwartete Erbtante hält und sie umarmen will. So ist, zweie auf einen Streich, nicht nur der künftig Versorgungsbedürftige, sondern das Brillenproblem allgemein aus der Welt.
Noch Fragen, Zuckerbrotnehmer?
Der gestrenge, von Altersarmut bedrohte Zuckerbrotgeber muß indes, allein aus rein pädagogischen Gründen, zwangsläufig schon immer häufiger zur Peitsche greifen: Wenn es dir nicht paßt, ungeduldiger Zuckerbrotnehmerstänkerer, dann geh. Die Masse da draußen, in welcher du gleich verschwinden wirst, drängt hechelnd herein. Du aber bleibst draußen, für immer auf Hartz IV, kapiert?
Wer nun glaubt, die ach so erdutschartige Schlappe der absolutistischen Partei in Bayern werde Signale setzen, irrt gewaltig. Absolutistische Herrscher haben ihre Lehensherrn und -damen fest im Führungsgriff, denn: Mit einem(r) PartnerIn, mit dem/der man ansonsten nicht viel am Hut hat, koitiert man zwar schnell mal – Quicky oder One Night Stand sagt man dazu heute -, aber man koaliert nicht mit ihnen. Dafür ist schon Herzenswärme und Interessentiefe nötig. Mit anderen Worten, Gleich und Gleich gesellt sich gern. Man wird also sehen, wie der Absolutismus auch im 21. Jahrhundert überlebt.
Kehren wir zurück zum Göpel. Der moderne Göpel ist ein Laufställchen für ungezogene Zuckerbrotnehmer, die erst wieder lernen müssen, wie man mit wackeligen Beinen geziemend im Leben steht. Deshalb wird dort auch der leicht eingängige Abzählreim gelehrt:
I-ja-ja und blinde Kuh,
Maul und Augen nur schön zu,
Hundtens Ochs, bona nox,
Kanzlers Esel, das bist du
Für den Nicht-oder Kirchenateiner wäre am Ende nur noch die Überschrift dieses kleinen Aufklärungs-almanachs zu deuten: „Prosit Bos“ kann man nicht mehr so wohlgefällig übersetzen wie bisher, nämlich Zum Wohlsein, Ochse! und mit dem Oktoberfest hat´s auch nix zu tun, weil es vorbei ist mit der Gemütlichkeit.
Es heißt jetzt Nützlich sei das Rindvieh! Quodlicet Iovi, non licet bovi. Füge dich in den Nasenring.