Diese himmelsgleiche Zeile aus der Ode „An die Freude“ war sicherlich ein Herzenswunsch Friedrich Schillers und wurde von Beethoven entsprechend monströs vertont. Heutzutage wird sie hauptsächlich zu Feuerwehrfesten von Feuerwehrkapellen gespielt, denn sie ist die Europa-Hymne. Das Deutschlandlied ist out, weil Europamusik Nationalitätenmusik bricht.
Das haut dann rein bei den Floriansbrüdern, Bruderherz!
Bruderherz bedeutet soviel wie Potztausend! oder Ei der Daus! und ist Ausdruck der Bewunderung, der Wertschätzung, der Verehrung.
Was wird verehrt? Die Freude. Na, die darf man ehren, denn: Wohl dem, der sich noch freuen kann.
Es lohnt sich indes, einige Bruderschaften etwas näher unter die Lupe zu nehmen.
Das erste Brüderpaar der Geschichte waren Kain und Abel, die Familienbrüder. Wie es ausging, ist weitgehend vergessen worden, darum sei es gesagt: Kain meuchelte den Abel, weil dessen Feuer besser brannte. Regelungen dieser oder ähnlicher Art werden seitdem in Familien freudig gepflegt, schwerpunktmäßig bei Erbauseinandersetzungen.
Vorbildlich sind klösterliche Bruderschaften. Der große Umberto Ecco hat sich daran erfreut im Namen der Rose. Ein Wunder, dass da überhaupt noch einige Brüder übrig blieben.
Im Namen des Volkes schworen die französischen Brüder, vereinigt in der Revolution von 1789, Egalité, Fraternité, Liberté und machten sich im weiteren Verlauf gegenseitig gleich, sprich, einen Kopf kürzer. Das war praktisch, denn dann mussten sie die brüderliche Freiheit nicht mehr umsetzen, und Napoleon hatte seine große Freude an der neuen Kaiserei.
Den russischen Revolutionären von Bakunin bis Stalin war die Guillotine zu eklig. Schießpulver ist sauberer und erfordert weniger Aufwand. Der brüderliche Kuss aber hatte Bestand bis zum Zungenkuss Honeckers mit Breschnew. Der war nicht zu eklig. Sehr zur Freude!
Die deutschen Revolutionäre erfreuten sich an der Philosophie des divide et impera und spalteten munter drauflos, bis nurmehr winzige Häuflein übrig waren, sehr zu Freude der Nazis.
Die schwarzen US-Revolutionäre träumten a dream und nannten sich brothers und sisters. Dabei blieb es, denn die Weißen hatten sich längst im Ku- Klux- Klan verbrüdert, sich in Henkerkutten gehüllt und Sturmhauben über die Südstaaten-Schwachköpfe gezogen, so dass die Brothers and Sisters am Ende selbst den Rassismus pflegen mussten, den schwarzen. Welch traurige Freude.
Die sozialistischen Tito-Brüder in Jugoslawien vergossen Tränen der Freude beim Heimgang des Vaters. Kein Wunder, denn der hatte sie scharf unter brüderlicher Knute gehalten. Diese schwangen sie sogleich und gründlich gegeneinander, denn von Kind auf gelernt ist und bleibt gelernt. Von den Schluchten des Balkan hatte ja auch schon Karl May geschwärmt. Millionen umschlangen sich in dieser Freude.
Franz, der Bayernfürst Josef, geißelte in hämischer Freude „die Brüder von der Presse“. Mit Recht, denn die hatten ihn der Schieberei und Willkür geziehen. Ihn, den Inhaber des Großen Latinums, der in den Schlachten bei den Thermopylen und Marathon im Geiste mitmarschiert war. Solche Anschuldigungen erheben nur staubige Brüder, die freudlos in den Bruderschaften von geistigen Pygmäen, Heckenschlupfern, Strauchdieben, Galgenstricken und Schnapphähnen dahinvegetieren.
Es gäbe noch viele Brüderschaften aufzuzählen: die Pius-Brüder, die Daltons, die Gebrüder Grimm, die sieben Zwerge, die sieben Schwaben, die Muslim-Brüder, die bayerisch-königstreuen Guglmänner-Brüder, die Herrenhuter Brüdergemeinde, die schlagenden Studentenverbindungsbrüder.
Außerdem müsste man die Schwesternschaften integrieren, denn die sind auch Menschen, die zu Brüdern werden sollen. Damit ist mit denen freilich kein Staat geschweige denn ein Geschäft zu machen, weil sie von Brüdern nichts wissen und unbedingt Schwestern bleiben wollen, es sei denn, sie erwischen einen reichen Bruder. Dann vergessen sie die Schwestern ganz schnell. Und die richtigen Schwestern lässt man sowieso in ihrem harten Krankenhausjob hängen.
Warme Brüder gibt es nicht. Die haben die gleichen 37° wie die Heteros.
Einzig die europäischen Brüder vereinigten sich begeistert, nachdem sie sich über Jahrhunderte hinweg sattsam die Schädel eingeschlagen hatten. Aber statt vernünftigerweise vorher den Finanzexperten Dagobert Duck konsultiert zu haben, führten sie den Euro ein. Das ging so lange gut, bis die Einen sich bei den Anderen bedienten. Da war´s aus mit der Freude. Zumindest bei den Anderen.
Sie ist öde geblieben, Schillers Ode an die Freude und Brüderlichkeit. So sehr sich, Bruderherz, auch der alte Beethoven bemüht hatte und Brüder und Schwestern noch immer aus vollem Hals, da capo und ad libidum, jubilieren lässt:
… wo dein sanfter Flügel weilt.