Öfter mal was Altes

„Süßes – sonst gibt´s Saures!“
Mit diesem Schlachtruf aus dem Spektrum der gechmacklichen Sinnlichkeit drohen saturierte, mitunter auch richtig adipöse Kinder zu Halloween, einer amerikanischen Unsitte aus der Hexen- und Geisterwelt, die das abgeschmackte Allerscheinheiligengedenken abgelöst hat, seit Jahren schon an Haus- oder Wohnungstüren.
Mit anderen Worten: wer nicht sofort ein Pfund feinster Pralinen herausrückt, muss mit Sanktionen rechnen. Es könnte also sauer bis bitter für ihn werden. Von eingeschlagenen Fensterscheiben bis zur Abfackelung.
Die Wissenschaft von der „gustatorischen Wahrnehmung“ hat sich auch auf Altes besonnen und ihr Forschungsfeld erweitert.
Im Rahmen eines mehrmonatigen Urlaubs an den Stränden der Arktis schmeckten die Forscher das dortige Meerwasser ab. Ihr Bericht erinnert an die Speisekarte des Chinesen um die Ecke: Süße Eisberge an saurem Wasser.
In die sauere Gurken-Zeit, auch Sommerloch genannt, stoßen die Gustatoren nämlich mit einer neuen Schreckensmeldung: der alt gewordene und darum gereifte sauere Regen hat die salzigen Weltmeere aufgefüllt, sie versauern, besonders in der Arktis. Weil es dort seit der Klimakatastrophe regnet statt schneit.
Da soll man nicht sauer werden, wenn man zur sauren Gurkenzeit einen Strandurlaub in der Arktis gebucht hat. Storniert schnellstens, Leute, sonst versauert ihr und müsst an Halloween im Herbst Bitteres einstecken.
Einige gute Seiten hat die Sache doch. Auf dem Meeresgrund wurden riesige sauere Gurkenfelder entdeckt. Derzeit gibt es allerdings noch Probleme bei der Ernte. Muschel- und Austernfischer, deren Zuchtbänke über den unterseeischen Gurkenfeldern sich schon lange nicht mehr rentieren, weil kein normaler Jet-Set-Mensch sauere Austern schlürfen will, stehen diesbezüglich in Verhandlungsgesprächen mit BP.
Die zeigen großes Interesse an den Schürfrechten und der Eindosung. Sauere Gurken in frei schwimmendem, naturbelassenem Öl aus dem Golf von Mexiko verspricht der Verkaufsschlager schlechthin zu werden.
Und die maritime Hausfrau, die ihrer Familie lieber Gurkensalat auftischen will, hört das salzig-saure, ölige Dressing direkt vor der Haustür plätschern und braucht es nur noch abzuschöpfen.
Es gibt neuerdings noch eine Geschmacksempfingung, die wir der Wissenschaft zur Vermarktung empfehlen:  umami, das ist fleischig, wäre doch was für die heimischen Süßwässer, um das Hungergefühl zu befriedigen. Gewichtsreduktion bei adipösen Halloween-Kindern, trinken statt essen und dabei abnehmen, ist das nichts? Fleischiges Wasser statt süßer Pralinen zu Halloween?
Den Protest der Nicht-Fleischfresser, die man auch Vegetarier nennt, könnte man mit saueren Gurken von BP ersticken.
Ihr Gustatoren aber lasst euch zunächst einen guten Rat geben: widerruft vorsorglich, sonst kriegt ihr Saures von den sonnenhungrigen, adipösen Arktisstrandurlaubern.
Öfter mal was Altes, ja. Aber keine alten, saueren Luftblasen. Die platzen schneller, als man glaubt. Spätestens zu Halloween, wenn es wieder richtig zur Sache geht: Süßes oder umami – sonst gibt´s Saures, Salziges, Bitteres und Scharfes, alles zusammen und auf einmal!