Prima Primaten

Guten Morgen, Herr Schimpanse! Heute schon gemenschelt?
Guten Morgen, Herr Mensch, Nein, denn ich sage immer: Affe, bleib bei deinem Leisten.

Gewiß, mit der Sprache hapert´s noch ein wenig. Das aber liegt einzig und allein daran, so versichern Linguisten, daß Judy und Charly unter der immer mehr um sich greifenden babylonischen Sprachvermischung leiden. Sie hätten noch nicht den richtigen Zugang gefunden zum Denglischen.
Dabei hatten sie schon solche Fortschritte gemacht, sogar im Gebrauch von Sprichwörtern. In den Aufzeichnungen von Jane Goodall, die lange Jahre in einer Gorillaherde lebte, wird das bestätigt.
Weniger wandlungsfähige Primaten  oder solche mit nicht ausreichend gefestigtem Selbstbewußtsein seien mittlerweile auf den Stand von 31 Handgesten, verbunden mit nurmehr 18 mimischen oder vokalen Signalen zurückgefallen. Die Entwicklung ihrer Intelligenz hingegen machte sprunghafte Fortschritte. So waren ausgesuchte Probanden fähig, einen Futterautomaten so zu bedienen, daß er Fruchtmus auswarf.
Andere stahlen – ohne besondere Anleitung der artverwandten Gattung Homo sapiens – Früchte von den Feldern und überreichten sie ihren angebeteten Damen, die ihnen dafür Liebe im versteckten Busch-Boudoir schenkten.
Die Bösen und Unbelehrbaren unter ihnen nützten ihre Intelligenz freilich, um Besucher im Zoo anzupinkeln oder Steine auf sie zu schmeißen, die sie sich vorher arsenalmäßig zurechtgelegt hatten, eine bewundernswerte Denkleistung mit Planungsbewußtsein.
Was in grauer Vorzeit Meister Hephaistos, Herrscher über  Blasebalg und Glut leistete, kannten seine vor ihm lebenden Brüder schon längst: Sie benützten Steine als Hammer und Amboß und schmiedeten damit Nüsse auf.
Es ist, als hörte man sie sagen „Schau mir in die Augen, Kleines“, wenn sie die Gesichter von Artgenossen betrachten. Zuallererst nämlich interessieren sie sich für die Augen ihres Gegenübers, eine Form von Hypnoseverhalten, das eine zeitweilige Lähmung erzeugen soll. Handelt es sich um das andere Geschlecht, so dient die Kurzhypnose dazu, das Weibchen/Männchen für den Boudoir gefügig zu machen.
Im Wiederkennen von schnell aufeinander folgenden optischen Signalen auf einem Bildschirm sind sie dem angeblichen Sapiens haushoch überlegen. Das liegt daran, daß die Speicherfähigkeit ihres Gehirns noch nicht so strapaziert ist wie bei jenem, der 99,9 % seiner Freizeit vor dem Bildschirm verbringt und dort nach Herzenslust um sich ballert.
Macht es nun einen Unterschied, ob Bruder Schimpanse auf glotzende Besucher pinkelt oder der Sapiens einem Mißliebigen aus lauter Boshaftigkeit ans Bein? Ob der eine Feldfrüchte stiehlt oder der andere vertrauensseligen Artgenossen ihr sauer Erspartes abbetrügt? Ob der eine Steine auf die Besucher schmeißt, die sich über sein äffisches Verhalten kugeln oder der andere planvoll mittlere Felsbrocken von Autobahnbrücken wirft?
Ja sogar, ob Charly einem Futterautomaten Fruchtmus entlockt oder Sapiens einem Geldautomaten Papierscheine? Darüber könnte Charly jedenfalls nur grinsen, denn er braucht keine Papierscheine, sondern Futter. Ein vernunftbegabtes Wesen halt.
Wer von wem das Beifallklatschen zu allen möglichen oder unmöglichen Situationen gelernt hat, ist unter Verhaltensforschern noch strittig.
Der putzige Matrosenanzug steht dagegen beiden gleichermaßen gut.

Guten Morgen, Herr Mensch! Heute noch gemenschelt oder schon geäfft?
Guten Morgen, Herr Schimpanse! Ei freilich. Ich sage immer: Affe, von dir kann man noch einiges lernen.
Sehr vernünftig, Herr Mensch. Fahren wir fort in der Unterweisung.

Na also.