Totenkopf und Augenklappe

Nein, so martialisch treten sie öffentlich doch nicht auf, obwohl man, ganz verhuscht, schon mal eine Augenklappe gesehen zu haben glaubte und sich, eher verwundert als belustigt, die eigenen Augen hinter den Scheuklappen rieb. Denn auf ihren T-Shirts kann man lesen: Romantik, Liebe, Rebellion.
Das Hirn erhebt sich über die verwunderten Augen und fängt an zu arbeiten.  Da war doch was…
… ein gewisser Johnny Depp auf jeden Fall, geschminkt und mit Dreispitz, ein süßer Held, wurde zur Ikone der Popkornkino-, Internet und Partygeneration, die, mehr und mehr gelangweilt, mythische Abenteuergerechtigkeit plus Liebe auf Leinwand und Bildschirm sucht.
Das ist doch nicht schlecht. Überhaupt nicht schlecht ist das, finden auch wir, weil es keine höheren Güter als Gerechtigkeit und Liebe gibt.
Geben sollte, schränken wir ein.
Und da ist was…
…. die Enkel des Verfassers, noch sehr weit von der oben beschriebenen Generation entfernt, spielen mit Vorliebe Piraten, kleiden sich wie im Karneval mit Klamotten, die die Oma geschneidert, meistens aber im Plunderladen gekauft hat, lassen Schwerter aus Weichgummi gegeneinander tanzen, nennen ihre temporären Vorbilder und sich selbst neben Piraten auch Seeräuber und gewinnen immer, weil ihre Tapferkeit unschlagbar ist.
Und sie jagen unbarmherzig den Opa.

Ob man da nicht einschreiten sollte…? Immerhin ist Gewalt im Spiel, wenn auch nur spielerisch, mit viel Mundgeräuschen, die, noch reichlich unvollkommen, Schüsse und Einschläge von Kartätschen in unmittelbarer Nähe ahnen lassen.

Make love, not war, sagten wir und taten es auch.
Etwas Wehmut kommt auf.
Von einer Piraten-Partei wissen die Zwerge noch nichts und würden, so sie davon erführen, zu allem Ungemach den Opa löchern, was denn eine Partei sei.
Fragmente von Bürgerwut, Schweißausbrüchen, Schüttelfrost, Ausflüchten, und, o Gott, was wohl noch! wirbeln das gestresste Hirn des großen Vorbildes Großvater durcheinander.
Wenn er jetzt…
Er weiß, er muss es tun, weil sonst seine gütige Autorität, seine mühsam gegen die lange aufgestaute Ungeduld der Eltern, ja sogar seine pekuniäre Wohltätigkeit ins Wanken geriete.
Eine Partei ist eine Partei, und weil das ist so, ist es eben so, müsste der Opa schließlich autoritär erklären, die Kleinen ratlos dastehen lassen, die zur Oma rennen und ihr stecken würden, der Opa wisse rein gar nichts. Nicht einmal, was eine Partei sei.
Die Oma, die alles weiß, würde sich ihnen zuerst pekuniär erkenntlich zeigen und ihnen dann sagen, was eine Partei ist, nämlich sowas wie der Nachbar, der auch Mieter ist in diesem großen Haus.
Dann würden die Zwerge im Kindergarten damit angeben, schnurstracks eine Mieterpiratenpartei gründen und die Erzieher-Innen zur Verzweiflung bringen.

Ist das, was sich zur Überraschung vieler Deutscher, Wähler wie Nichtwähler und zum Graus deutscher Politiker ausnimmt wie das plötzlich hereinbrechende Wohl oder Wehe des Himmels, die deutsche Variation der arabischen Frühlings-Facebook-Revolte oder doch schon die lockere Kanalisierung der Spontiszene in zweitem oder gar schon drittem Aufguß?
Da war doch mal einer in Frankfurt, der später der erste Turnschuh-Minister der Welt wurde. Inzwischen plauscht er bereits mit Seehofer. Also alles nur halb so schlimm.
Das alles sieht eher aus wie Karneval an der Spree im Frühherbst mit einem Schuss Schatzinsel, zeitversetzter Minne, Gothik, Okkultismus und vor allem viel Säbelrasseln.
Halt – Mundgeräusche sind auch dabei. Was eine Partei ist, verraten aber auch die Piraten nicht, obwohl es ihrer Berliner Schnauze gut zu Gesicht stünde.
Warum sollten sie? Eh alles Quatsch, das mit den Pareien, weiß der Opa jetzt auf einmal.
Vielleicht lernen es seine Enkel doch im Kindergarten.