Man kann es drehen und wenden, wie man will und bleibt doch immer im landläufigen Sprachgebrauch gefangen. Dort bedeutet es Reduzierung. Reduzierung von Kalorien. Dies dient dem körperlichen Wohlbefinden, aber auch dem geistigen. Mens sana in corpore sano, ein gesunder Geist in einem gesunden Körper, so hieß es in der Antike und ist durchaus umgekehrt interpretierbar, nämlich daß nur ein gesunder Geist die Materie auf Dauer gesund erhalten kann. Die moderne Medizin beschreibt dieses Phänomen unter „psychosomatische Zusammenhänge“.
Immer neuen Anlaß zu großem Unmut, insbesondere bei Rentnern, liefert hingegen eine andere, geheimnisvolle ja, direkt unheimliche Bedeutung. Eine Diät reduziert nicht, sondern bewirkt just das Gegenteil: Aus Überfluß wird immer mehr. Wie kann das sein? Der Volksmund sagt, der Teufel schisse immer auf den größten Haufen. Hut ab vor dem Volk, aber das ist wohl doch etwas zu unwissenschaftlich.
Wir kommen nicht drum herum, das Problem kann nur etymologisch geklärt werden. Also: „Diät“ kommt von dem altgriechischen Wort „Diaita“ – womit wir uns erfreulicherweise wieder mitten in der Antike befinden – und bedeutet „Leben, Lebensweise, Lebensunterhalt sowie Aufenthalt“.
Nun hat selbst dem borniertesten Rentner ein Licht aufzugehen. Ein Politiker hat ein anderes Leben, eine andere Lebensweise, einen anderen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er muß zu Gelagen einladen, ein großes Büro bezahlen, einen gepanzerten Dienst-Audi samt Chauffeur mieten, die Finanzierung der Bannmeile mittragen, damit ihm gehässige Rentner nicht zu nahe treten können, hat eine aufwendige Wohnung weit von der Heimat weg (siehe oben > Aufenthalt) einzurichten und dort eine Geliebte zu unterhalten, damit es ihm körperlich gut geht und muß insbesondere beständig medizinisch-psychologische Vorsorgemaßnahmen gegen das Krebsgeschwür Gier vornehmen lassen. Dazu brauchten wir mal einen Gesundheitsminister, der mit gutem Beispiel voranging, sogar im aufopfernden Selbstversuch.
Was sagt ihr nun, ihr Rentnerneidhammel? Könnt ihr nicht froh sein, überhaupt noch am Leben gelassen zu werden? Erinnert ihr euch nicht mehr, daß es bereits Pläne gab, euch bei Rot über die Fußgängerampel zu jagen, und zwar zwingend?
Und damit ihr es wißt: „Diaita“ bedeutet zusätzlich noch „schiedsrichterliche Entscheidung“. Gegen solche mosert ihr zwar auch ständig auf den Fußballplätzen und akzeptiert sie am Ende doch. Gönnt endlich den Kaisern, was ihnen zusteht. Euere 1,1% Rentenerhöhung laßt ihr demnächst schließlich auch klammheimlich in eueren Hosensäcken verschwinden, obwohl sie euch nicht zusteht!