Hochnotpeinlich

Das Eisen wurde von neuem geschmiedet, und der Kommentator packt es bewußt an der glühenden Seite an.
Was ist Folter? Allein die verbale Androhung physischer Pein?
Wodurch wird ein Menschenleben geschützt? Allein durch die kriminalistische Befragung wie im TV-Krimi?
Wann ist der Zustand der Not am höchsten?
Sicherlich, wenn es um ein Menschenleben geht.
Die Not war ohne Zweifel am höchsten, als der leitende Beamte im Fall Gäfgen die Androhung unmittelbaren Zwanges anordnete, weil man vermuten konnte, daß das Entführungsopfer noch am Leben sei.
Androhung der hochnotpeinlichen Befragung wie im Mittelalter? Da muß man sich trotz der Tragik ein schräges Grinsen verbeißen.

Als Wachsoldat im Winter 1968 wurde der Kommentator von einem Oberstleutnant der bundesdeutschen Luftwaffe belehrt, die Anwendung unmitelbaren Zwanges sei zur Abwendung von Gefahren für Leib und Leben, aber auch für Sachen, z.B. Kampfflugzeuge, ein vom Rechtsstaat ausdrücklich geschütztes Vorgehen. Da hätte man sogar ohne Bedenken schießen dürfen, nein, müssen.

Heute kann es sich ein gewissenloser, rechtskräftig verurteilter Mörder erlauben, vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen, um das Urteil wegen Androhung unmittelbaren Zwanges anzufechten. Doch auch in Gesamteuropa sieht man das anders. Gott sei Dank.

Die Verantwortung für das, was in der dreckigsten Zeit deutscher Geschichte geschah, kann uns niemand abnehmen. Die für gegenwärtiges Unrecht aber auch nicht. Wollte das vielleicht der dann auch verurteilte leitende Beamte erreichen, als er einen Aktenvermerk über seine Handlungsweise anlegte, der schließlich zu seiner Verurteilung führte?

Vergleiche mit Guantananmo oder Abu Ghuraib sind jedenfalls aberwitzig. Allerhöchstens hochnotpeinlich, wenn man glaubt, dadurch den deutschen Saubermann-Rechtsstaat belegen zu können. Denn für diesen Augiasstall bräuchte man schon längst einen antiken Herakles. Nota bene: Keinen Hitler!