LEERSTETTEN (Robert Unterburger) – „Ich hoffe, dass dieser Preis weitere Herzen in Schulen und bei jungen Menschen öffnet“, sagte der Preisträger. „Aus dem südlichen Landkreis darf ruhig auch mal was anderes prämiert werden als der Presssack.“
Zum fünften Mal verlieh Landrat Herbert Eckstein einem Literaten aus dem Landkreis Roth den Elisabeth-Engelhardt-Literaturpreis des Landkreises Roth, der seit 1997 alle drei Jahre vergeben wird. Der diesjährige Preisträger Willi Weglehner aus Thalmässing wurde für sein literarisches Schaffen, insbesondere für seine drei Romane „Der Viehhändler“, „Nahkampf“ und „Franzl – Kein weiß wohin“ geehrt. Musikalisch begeisterten die beiden Thalmässinger Gitarristen Alexander Feser und Roland Schrüfer, die als Gypsy-Jazz-Duo „La Route Django“ auftraten, mit erlesenem Zigeunerswing. Als besonderen Ehrengast konnte der Landrat Arno Hamburger, den 1. Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, begrüßen. Ihm hat Willi Weglehner in seinem Roman „Nahkampf“ ein literarisches Denkmal gesetzt.
Landrat Herbert Eckstein sagte, dass sich nach Ingeborg Höverkamp, Gerd Berghofer, Klaus Schamberger und Elfriede Bidmon nun Willi Weglehner als fünfter Preisträger würdig in die Reihe der Preisträger einordne. „Mir gefällt es, dass so viele vorgeschlagen werden oder sich selbst bewerben“, meinte Eckstein. „Es ist wichtig, dass wir Autoren helfen, die im Landkreis Roth leben.“
Der gastgebende Bürgermeister von Schwanstetten, Robert Pfann, erinnerte daran, dass der Landkreis Roth anlässlich seines 25. Geburtstages die Idee hatte, alle drei Jahre einen Literaturpreis auszuloben und dass die Schriftstellerin Elisabeth Engelhardt, nach der der Literaturpreis benannt wurde, aus Leerstetten stammte.
„Wesentlich für die Literatur ist immer gewesen, dass sie nicht nur von den großen Verlagen her, sondern aus der Region genährt wird“, meinte Rundfunkautor Dr. Reinhard Knodt, der die Laudatio auf den Preisträger Willi Weglehner hielt. „Ich bin froh und stolz, dass Literatur so zu verstehen ist und nicht ausschließlich vom Markt und vom Geschäft diktiert wird.“
Es gebe unter fränkischen Schriftstellern eine Art der Bescheidenheit, für die der Ausdruck „Schöpferisches Understatement“ gelte, sagte Dr. Knodt. Dieses schöpferische Understatement habe bei Klaus Schamberger dazu geführt, dass er, nachdem er vom Preis erfuhr, behauptet habe, er wäre im Grunde gar kein Schriftsteller, sondern eher ein verkommener Journalist. „Mit Willi Weglehner haben wir offenbar ein zweites solches Exemplar des schöpferischen Understatements gefunden, denn auch von ihm erfahren wir, er sei `kein begnadeter Schriftsteller`“.
„Willi Weglehner schrieb eine Anzahl Romane, hauptsächlich für Jugendliche und jüngere Erwachsene, die sich mit einem zentralen Thema beschäftigen, nämlich mit dem Menschenrecht“, hob Dr. Knodt hervor. „Dieser thematische Schwerpunkt des Menschenrechts, aber auch die gewaltige Recherche- und Arbeitsleistung, sowie die zwar gelegentlich drastische und belehrende, niemals jedoch inhumane Perspektive, die das Menschenrechtsproblem auf der Folie des Nationalsozialismus durchspielt, war für die diesmal sehr kontroverse Wahl der Jury schließlich ausschlaggebend.“
Willi Weglehner, so Dr. Knodt weiter, habe vieles geschrieben, was man bei anderen begabten Autoren der Region auch finden könne: Gute-Nacht-Geschichten für Kinder, Aphorismensammlungen und Schlagertexte, ein autobiographisches Buch über den Windsbacher Knabenchor und vieles mehr. „Was aber nicht so leicht überbietbar sein dürfte, sind drei große und in den letzten Jahren entstandene Romane, die den Dreh- und Angelpunkt der Menschenrechte hautnah aufarbeiten und dazu den Präfaschismus in Franken als Dokumentfolie benutzen.“
„Statt Tragik schaffen Weglehners Bücher Spannung und Stimmung“, so Dr. Knodt weiter. „Er schreibt erschütternde und anrührende Szenen, er ist in der Lage, schier Unbeschreibliches zu beschreiben und neu zu erfinden und er macht das alltägliche Heldentum und die Not Einzelner, fast dokumentarisch anschaulich.“ Schließlich stelle er auch immer wieder Kinder in den Mittelpunkt seiner vielen Erzählungen, Kinder, die Erstaunliches leisteten, die Schlimmstes sähen, die fürs Leben gezeichnet seien.
„Und weil auch immer wieder Eltern auftreten, die ihren Kindern erklären müssen und es oft nicht können, deswegen sind diese Bücher wertvoll und sollten ein junges Publikum finden“, erklärte der Laudator. „Was sie nämlich durchaus vermögen, ist, eine Sensibilisierung zu schaffen für etwas, das in Deutschland vielleicht immer noch zu kurz kommt oder vielleicht auch nach wie vor missverständlich betrachtet wird – die Sensibilität für Menschenrechte, genauer, für das, was man Menschen gegenüber darf und das, was man nicht darf.“ Willi Weglehners Bücher arbeiteten konkret mit am Programm der Humanität.
„Ich werde diesen Preis nicht ablehnen, obgleich mir der Deutsche Fernsehpreis lieber gewesen wäre“, witzelte der Preisträger und parodierte dabei den „Literatur-Papst“ Marcel Reich-Ranicki. Humorvoll erklärte er, dass er „im gesegneten Alter von 60 Jahren“ nun doch eine Urkunde erhalte, nachdem er als Schüler bei den Bundesjugendspielen keine einzige Urkunde bekommen habe.
„Bücher können Botschaften vermitteln oder unterhalten“, so Weglehner weiter. „Wir dürfen es nicht zulassen, dass unsere Demokratie ihre Totengräber hätschelt.“ Weglehner: „Wir tragen an der Schuld, dass in der Zeit des Nationalsozialismus Menschen zu Tausenden vernichtet wurden, und wir haben eine große Verantwortung.“ Bücher seien ein Weg, der jungen Generation zu helfen, dass sie nicht Rattenfängern auf den Leim gehen: „Die Gepeinigten müssen Gesichter bekommen.“
Abschließend las Preisträger Willi Weglehner zwei längere Passagen aus seinen beiden Romanen „Nahkampf“ und „Franzl – keiner weiß wohin“ vor und fesselte die Zuhörer durch einen ausdrucksvollen Vortrag.