Neu- und Altsprachliches

Kenn´ se den? Ein Hai sonnt sich rücklings auf den spiegelglatten Weiten des Ozeans. Da sieht er über sich einen Kuckuck fliegen und ruft überrascht aus: „Kuckuck mal, sowas. Ku-ckuck!“ Der Kuckuck grüßt ganz cool zurück: „Hi“.
Weil der Mensch sich an praktisch alles gewöhnt, wenn es ihm nur entsprechend mit der Dampframme eingebleut wird, haben wir uns an das Hi längst gewöhnt, und kucken, ursprüngliche Form gucken, hat sich sogar in Süddeutschland durchgesetzt. Gegen kieken ist nichts einzuwenden, denn das ist Mundart.
Das amerikanische Begrüßungskürzel hi wurde inzwischen abgelöst von dem aus der Telephonsprache bekannten Hallo, leicht modifiziert im Umgangston der soeben wieder zu Grabe getragenen Fasenacht, die in brausendem Helau auf- und unterging wie jedes Jahr. Auch wenn Sprachforscher keinen Zusammenhang mit dem englischen Hello erkennen, bleibt ein hartnäckiger Restverdacht verhunzter Aussprache bestehen.
In Deutschland kannten wir bislang zwei Arten von Sprachgymnasien, das neusprachliche und das altsprachliche. An die Stelle des neusprachlichen ist im Kampf um die Gunst der Wissensvermittlung das IT-Geschäftsleben getreten. Das altsprachliche gibt es sowieso schon lange nicht mehr.
Wir lernten daunzulooden, autzusorsen, apzudejten. Mehr dazu hier nicht. Steht in jedem Ouners Mänjuell eines Pörsonell-Kommpjuters.
Ein anderer Geschäftszweig, der den Globus derzeit mit immer interessanteren Neuigkeiten versorgt, lehrte uns, was Hettschfongs, Rejting und Offschooring ist.
Während Erstere kaum tränsleitebl sind, kann man Letztere und andere Artverwandte getrost unter dem althergebrachten Überbegriff „Beschiß“ zusammenfassen.
An all diesen Begrifflichkeiten gemessen, ging es in der Endphase des Turmbaus zu Babel wenigstens veterinärverständlich zu.
Nun glaube, wer da mag, das alles sei Bestandteil des vielgeschmähten amerikanischen Kulturimperialismus. Sofern von Kultur überhaupt die Rede sein könne, geifern die besonders Hartgesottenen.
Sehen wir uns in unseren Amtsstuben um. Auch dort vollzog sich ein interessanter Wandel. Mußte sein, weil andere Meckerer sich andauernd über die plattgesessenen Ärsche der Beamten auslassen. Die sind unkündbar in schlechten Zeiten, eine Sauerei, jawoll.
Nur für den Fall, daß einer der geschätzten Leser irgendwann mal in diesen Räumlichkeiten zu tun hat, sei an dieser Stelle ein kurzer Katalog zusammengestellt, der ihm unter Umständen die Orientierung erleichtern kann.
Biosensor:
Hund
Beelterung:
Vermittlung in Pflegefamilie
Nicht lebende Einfriedung:
Zaun
Lautraum:
Diskothek
Luftverlastung:
Fracht per Hubschrauber oder Flugzeug
Bedarfsgesteuerte Fußgängerfurt:
Fußgängerampel
Personenvereinzelungsanlage:
Drehkreuz
Innergemeinschaftliche Verbringung:
Warenversand in anderen EU-Staat
Abstandseinhaltungserfassungsvorrichtung:
Querstreifen auf der Autobahn
Lebensberechtigungsbescheinigung:
Stammbuch
Gelegenheitsverkehr:
Fahrten mit Taxi oder Mietwagen
Rauhfutter verzehrende Großvieheinheit:
Kuh
Gehäusekosten:
Betriebskosten ohne Personalkosten
Raumübergreifendes Großgrün:
Baum
Bituminöser Belag:
Teerdecke auf der Fahrbahn

Deutsch-Europäischer Teufel oder Anglo-Amerikanischer Beelzebub? Den alten Amtsschimmelteufel gibt es schon länger. Finden wir uns daher auch mit dem Beelzebub ab. Wie die Germanen die Aussparung in der Mauer des Hauses nannten, aus dem sie hinausschauen konnten, wissen wir nicht mehr. Aber die Römer brachten uns das fenestra. Oder familia, domus, penis und vagina sowie das zugehörige Pro und Contra.
So sei´s denn. Spielen wir nicht länger Don Quichote. Der ist den Amtsstuben noch weniger gewachsen als den Windmühlen.